Verteidigung ist ein Schritt zum Kampf

Wie es gelingen kann, die eigene Verletzlichkeit zu lieben und auch im Angriff klar und wertschätzend zu kommunizieren

Da ist er wieder – der Paukenschlag, der uns trifft und uns komplett aus dem Konzept bringt. Es gibt Menschen, die es immer wieder schaffen, diesen Punkt zu treffen.

Woran liegt das, dass wir auch nach noch so vielen gelesenen Büchern, Seminaren und Selbstfindungskursen doch noch so aus dem Gleichgewicht, so in Wallung zu bringen sind?

Wir können uns souverän verhalten, kontrolliert, uns keine Blöße geben, unseren Verstand arbeiten lassen, doch in unserem Inneren sieht es aus wie in einer Schaltzentrale voller falsch zusammengestöpselter Leitungen. ALARM ist angesagt. Unser Nervensystem schaltet auf Notsysteme um, und meistens greift es auf alte Muster zurück, wir fühlen uns zurückversetzt in Zeiten, als wir uns klein und hilflos gefühlt haben. Unsere Stressmuster setzen ein: Flucht, Gegenangriff oder Starre.

Dabei haben wir gar nichts falsch gemacht. Wir handeln nach bestem Wissen und Gewissen, zumindest für den Augenblick. Entscheidungen werden im Moment getroffen, auch wenn wir sie manchmal später gerne widerrufen würden. Für den Moment erschienen sie uns richtig.

Also warum können uns andere Menschen so treffen, dass wir uns verteidigen oder fliehen müssen, um nicht „im Strudel zu ertrinken“.

Das Interessante dabei ist, dass wir oft nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort sind, jemandem begegnen, der gerade eine Projektionsfläche braucht für seinen eigenen Stress oder wir in einer anderen Person eine Projektion unsere eigenen negativen Erinnerung sehen. Eine Erinnerung, die aus unserem Bewusstsein abgespalten ist, die uns einst emotional so stark getroffen hat, dass unser Gehirn diese Erinnerung verfälscht oder nicht erreichbar abgespeichert hat und die dann „angetriggert“ wird.

Unsere Gehirnhälften arbeiten ja unterschiedlich. Sie korrespondieren miteinander und fragen nach Erklärungen. Die linke Gehirnhälfte erzählt uns Geschichten, die stimmig wirken, egal ob sinnvoll oder nicht und wenn wir im Stress sind, wird auf alte Denkmuster und Erklärungen zurückgegriffen. Auch wenn wir uns über Vieles schon bewusst sind als Erwachsener, greifen dann die kindlichen Muster.

In der Transaktionsanalyse gibt es das Modell der ICH-Zustände
• Eltern – Ich. – Reaktionen aus einer vermeintlichen Machtposition heraus
• Erwachsenen – Ich. – Bewusst getroffene Entscheidungen und Handlungen
• Kind – Ich. – Reaktion aus alten Erinnerungen heraus

Spannend ist, dass wir in Stress-Situationen meist aus dem Kind – Ich heraus reagieren. Wenn wir in den Gegenangriff gehen, reagieren wir dann manchmal aus dem Eltern – Ich mit dem erhobenen Zeigefinger, das viel besser weiß, was für den Anderen gut ist, bestrafend wirkt und seine „Ohnmacht kompensieren“ möchte.

Je bewusster wir uns dessen werden, umso besser können wir unsere Reaktionen verstehen. Und vor allem können wir uns dann immer besser mit diesen Reaktionen und alten Mustern annehmen und auch damit wertschätzen und lieben.

Wenn wir lernen, uns mit all diesen Konzepten in unserem Unbewussten mit liebevoller Nachsicht und Zuneigung uns selbst gegenüber zu akzeptieren, ist das die Form von SELBST-Liebe, die uns in unserem Inneren heilt, die unser inneres Kind heilt und die uns vor Angriffen schützt.

Wenn wir keine Angriffsfläche haben, weill wir uns mit uns, unseren erlebten Verletztheiten und den „Verletzern“ aus der Vergangenheit ausgesöhnt haben, kann uns nichts mehr verletzen.

Die Wahrheit ist, dass nur wir selbst uns verletzen können, indem wir diese Angriffe zu uns nehmen und uns dann selbst klein machen.

Und dennoch jeder Mensch ist verletzbar, das bringt unsere Menschlichkeit mit sich und macht uns erst zu Menschen. Sie zeigt uns auch die Verletzlichkeit anderer Menschen, bringt uns in eine Tiefe der Verbindungen zu Anderen, Mitgefühl und Verständnis für die Befindlichkeiten anderer Menschen.

Die eigene Verletzlichkeit zuzulassen und zu lieben nimmt uns die Angst davor, auch die Angst vor einer Blamage. Und das schützt uns wieder vor Stress und kann uns von chronischen Krankheiten heilen.

Verteidigung und Gegenangriff sind Schritte zum Kampf, denn sie laden unser Gegenüber zur weiteren Verteidigung und zum Gegenangriff ein und wir kämpfen gegen uns selbst. Und bei einem Kampf gibt es immer einen Gewinner und Verlierer.

Wenn wir erkennen, dass wir in uns die „Baustelle“ haben, die gerade durch das Verhalten oder eine Bemerkung des Anderen getroffen wurde, und wenn wir gelernt haben, das nicht mehr zu bewerten, sondern nur wahrzunehmen und zu lösen, können wir in unserer Präsenz und Wertschätzung uns und dem Anderen gegenüber bleiben und in dieser Präsenz klar und respektvoll auf Augenhöhe aus der Perspektive des Erwachsenen – Ichs heraus kommunizieren. Das gelingt nicht immer und nicht immer gleich, doch wir können es lernen.

Wenn Du mehr darüber lernen und erfahren möchtest, melde Dich zum Seminar an:

„Liebe Deine Verletzlichkeit, lerne mutig uns aus ganzem Herzen zu leben“

Termin: 12. September 2020, 10:00-17:00 Uhr, Goethestr. 4, Neckarsulm

Infos unter www.freewings-coaching.de/Termine

Ich wünsche Dir noch einen wunderbaren August 2020 – Deine Elli Zartmann

Kontakt